Geld - Vom Wesen eines schwer erreichbaren Gutes

GELD - VOM WESEN EINES SCHWER ERREICHBAREN GUTES
© Hajo Banzhaf

Erst wenn man seine Steuererklärung macht merkt man,
wie viel Geld man sparen würde, wenn man gar keins hätte.
Fernandel

Geld gehört wohl zu den merkwürdigsten Phänomenen, die unsere Zivilisation hervorgebracht hat. Schon als Kind lernen wir die große Macht kennen, die von diesen Scheinen und Münzen ausgeht und wir staunen, welch wunderbare Sachen man dafür bekommen kann, wenn man nur genügend davon hat.

Mit wenig anderen Dingen kommen wir unser Leben lang so selbstverständlich Tag für Tag in Berührung. Manchmal gibt es uns Grund zur Freude, dann wieder machen wir uns Sorgen um das liebe Geld. Wir erleben es als ein unverzichtbares, oftmals schwer erreichbares Gut und für viele wird es zum Lebensziel schlechthin. Das einzige, was man ohne Geld machen kann, so heißt es, sind Schulden. Doch zugleich wissen die wenigsten zu sagen, was Geld eigentlich ist, was seinen Wert ausmacht, und warum alle Welt an diese bunten Scheine und die klingenden Münzen glaubt. Entstanden ist Geld aus dem Tauschhandel, weil es irgendwann einfach zu kompliziert wurde, Kamele in Schafe umzurechnen. Man suchte eine neutrale dritte Größe, mit der sich festlegen ließ, wie viel Einheiten einem Kamel entsprachen und wie viel Schafe es dafür gab - und umgekehrt. Dieser tierische Ursprung des Geldes klingt noch im Englischen an, wo Gebühr fee (Vieh) heißt und auch das Lateinische Wort für Geld pecunia ist von pecus = Vieh abgeleitet.

Anfangs gab es die verschiedensten Materialien, die als Zahlungsmittel in Umlauf gesetzt oder gehortet wurden, wie zum Beispiel Äxte, Sicheln, Lanzenspitzen, Perlen, Muscheln und Metalle, aber auch allerlei Exotisches. So legte beispielsweise die Republik Venedig einen Gutteil ihrer Reserven in antiken Säulen an. Voraussetzung für alle Stoffe, aus denen im wahrsten Sinne Geld gemacht wurde, waren drei Kriterien: sie mussten attraktiv, knapp und dauerhaft sein. Letztlich gewannen bei diesem Wettbewerb die Edelmetalle Gold und Silber. Sie boten den Vorteil, dass sich daraus einheitliche Münzen prägen ließen, die das Abwägen überflüssig machten. Diese normierten Einheiten nannte man Denare, Sesterzen, Asse, Dukaten, Drachmen, Obolos, Silberlinge oder Taler, ein Wort, das in Amerika zu Dollar wurde. Ursprünglich entsprach der aufgeprägte Wert einer Münze selbstverständlich dem Metallwert. Mit dem Aufkommen sogenannter Scheidemünzen aber, bei denen das Metall im Vergleich zu ihrer Kaufkraft unbedeutend war, begann Geld abstrakt zu werden. Im 18. Jahrhundert ging man noch einen Schritt weiter und schuf das Papiergeld. Diese phänomenale Idee schildert Goethe in Faust II als ein gelungenes alchemistische Opus, bei dem nicht einmal Blei sondern schlichtes Papier zu Gold wird. Dass die Menschen diesem Schein-Geld mit Misstrauen begegneten, ist leicht verständlich. Wohl deshalb erließen Staaten den bis heute gültigen Annahmezwang, der den Gläubiger gesetzlich verpflichtet, Geld zur Begleichung von Schulden anzunehmen. Inzwischen ist die Abstraktion des ursprünglich handfesten Geldes über Schecks und Kreditkarten bis zum elektronischen Impuls fortgeschritten, und mit jedem dieser Schritte lässt sich Geld leichter handhaben, schneller ausgeben aber auch immer schwerer verstehen.

Die auffälligste Eigenart des Geldes aber besteht wohl darin, dass man damit einen Wert ausdrücken kann. Und deshalb nimmt es nicht Wunder, dass es zu einem übermächtigen Wertmaßstab wurde, vielleicht zum einzig verbliebenen Wert in unserer Zeit. Damit aber rückt Geld an einen Platz, den zuvor das moralische Gesetz und die Religion innehatte. Das lässt sich leicht daran erkennen, dass die Menschheit stets ihrem jeweiligen Kult die grandiosesten Bauwerke errichtet, und schon ein kurzer Blick zeigt uns, wer heute in den prächtigsten Palästen residiert. Es sind Banken, Versicherungen und Kaufhäuser. Ein neuer Kult macht sich aber nicht nur im Äußeren breit sondern hat sich auch stets der heiligen Werte seiner Vorläufer bemächtigt, und wir sind alle Zeitzeugen, wie das soeben ein weiteres mal geschieht. Weihnachten, eines der höchsten Feste der Christenheit, ist inzwischen so umfassend kommerzialisiert, dass die "Gläubigen" zunächst Wochen, mittlerweile sogar schon Monate zuvor in die Tempel des Konsums pilgern, während die Kirchen bei ihrem ureigenen Fest gerade noch in der Heiligen Nacht selbst eine liebenswürdige Statistenrolle spielen dürfen.

Manche macht es verlegen, andere besorgt, dass Geld in unserer Zeit zum obersten Wertmaßstab avanciert ist. Doch so merkwürdig es sich auch anfühlen mag, nichts deutet darauf hin, dass wir deshalb in schlechteren Zeiten leben. Wenn man bedenkt, was in den vergangenen Jahrtausenden Furchtbares im Namen des Guten getan wurde, dann wird klar, wie wenig selbst heiligste Werte die Menschen davon abhalten, auch allerschlimmste Verbrechen zu begehen, wie etwa staatlich und kirchlich sanktionierten Völkermord, Inquisition oder Sklaverei. Verglichen mit diesen düsteren Kapiteln der Geschichte leben wir trotz weitgehender Alleinherrschaft des Geldes tatsächlich in eher harmlosen Zeiten.

Und wie steht es mit der Erotik des Geldes? Wie kommt es, dass von etwas so Profanen ein solcher Zauber ausgehen kann? Nur ungenutztes Geld hat etwas Dumpfes, sobald wir es aber einsetzen, spüren wir augenblicklich, was sich damit alles mobilisieren lässt. Geld, das wir auszugeben bereit sind, bildet ein enormes Potenzial. Es ist ein Universaltauschmittel, das uns wie nichts anderes die Fülle aller Möglichkeiten dieser Welt suggeriert. Geld ist geprägte Freiheit. Wir assoziieren damit Wohlergehen, Genuss, Luxus und Macht. Wer einmal etwas länger darüber nachdenkt, was man für diesen bunten Scheine tatsächlich alles bekommen kann, dem kann bei dieser Vorstellung aber auch schwindelig und übel werden. Geld wird von jedermann begehrt, eben das macht es so attraktiv, deshalb ist die Versuchung so hoch, seine Seele dafür zu verkaufen.

Warum aber ist das Wesen des Geldes so schwer zu verstehen, und warum ist es für viele so mühsam, mit diesem allgegenwärtigem Wert zurecht zu kommen? Nimmt man die vier klassischen Elemente Feuer, Erde, Luft und Wasser, die nach antiker Lehre die Grundbausteine des Kosmos sind, dann wird man Geld gewiss dem Element Erde zuordnen, das für Sicherheit, Substanz und solide Werte steht. Das ist aber nur zum Teil richtig, denn Geld ist ja bereits eine Abstraktion eines ihm zu Grunde liegenden Wertes. Der Papierschein selbst hat ja - gemessen an seiner Kaufkraft - einen unbedeutenden Wert. Deshalb entspricht das umlaufende Geld symbolisch dem Element Luft, das die Welt der Ideen verkörpert. Vielleicht wird Geld deshalb auch immer wieder von einer typischen Luftkrankheit befallen, von der Inflation, die ihm den Wert raubt. Dieses Wort kommt vom lateinischen inflare, das soviel wie aufblähen, Luft hinein blasen bedeutet. Bildlich gesprochen werden die Geldscheine aufgebläht, in dem sich immer noch eine weitere Null dazu gesellt, die dem Schein aber nur schein-bar mehr Bedeutung verleiht. Seine Kaufkraft schwindet jedoch in gleichem Maße, wie immer neue Nullen hinzu kommen, getreu dem Motto, dass eine Null jedes Problem verzehnfachen kann. Einem solchen Werteverfall sind keine natürlichen Grenzen gesetzt, denn ebenso wie man bis zu jeder Höhe hinauf zählen kann, kann sich Geld bis zu jeder Tiefe entwerten.

Wahrscheinlich liegt in diesem luftigen Verwirrspiel, in dieser merkwürdigen Fähigkeit einen Wert vorzutäuschen, auch der Grund, warum so wenige das Wesen des Geldes verstehen und so viele Probleme im Umgang damit haben. Wenn man etwa sieht, wie in regelmäßigen Abständen wundersame Geldvermehrungsspiele auftauchen, die zuletzt Pilotenspiel und Goldener Schnitt hießen, die stets das Versprechen geben, dass alle Beteiligten in kürzester Zeit ein kleines, wenn nicht gar ein großes Vermögen machen können, dann müsste sich der gesunde Menschenverstand doch eigentlich fragen, woher denn all dies Geld kommen soll. Die Antwort ist so simpel wie die Erfahrung hart ist. Natürlich beißen bei jedem Schneeballsystem den Letzten die Hunde. Aber kaum sind die Jahre ins Land gegangen, taucht ein neues Kettenspiel auf und erfreut sich ungetrübter Beliebtheit.

Damit es aber nicht zu eintönig wird, taucht zur Abwechslung immer wieder eine Variante auf, die schon 1870 in Deutschland ebenso großartig wie perfekt von Adele Spitzeder mit ihrer Dachauer Volksbank praktiziert wurde und das bislang letzte Mal Mitte der 90er Jahre vom "European Kings Club". Dabei wird immer mit sensationellen Zinsen gelockt, teilweise bis zu hundert Prozent. Argwöhnische Geister überzeugt man mit tatsächlich geleisteten Zinszahlungen und der Zusicherung, dass jeder seine Einlage natürlich sofort zurückfordern kann (aber wer tut das schon bei so viel Zinsen?). Sie wird ihm auch unverzüglich ausgezahlt - allerdings nur solange, wie frische Gelder hereinkommen, mit denen die wenigen Auszahlungen leicht beglichen werden können. Am Ende geht der ganze Laden hops und in den nachfolgenden Gerichtsverfahren wundert man sich einmal mehr, wie viel Menschen, die es doch wirklich hätten besser wissen müssen, zu den Gelackmeierten gehören. Denn eigentlich ist doch jedem klar, dass man 70% nur dann bekommen kann, wenn man sein Geld in einer Bar anlegt!

Was gibt es daraus zu lernen? Symbolisch gesehen gehört Geld im eigentlichen und ursprünglichen Sinn zum Erdelement. Erde aber steht für die Wirklichkeit, so wie Feuer Ideale, Luft Ideen und Wasser Gefühle symbolisiert. Wer also Probleme mit Geld hat - weil es ihm zwischen den Fingern zerrinnt, weil er sich immer über den Tisch ziehen lässt, weil es ihm einfach chronisch fehlt - der hat, so gesehen, Wirklichkeitsprobleme. Und die lassen sich nur im nüchternen Alltag beheben, der ebenfalls in die Symbolwelt der Erde gehört. Das aber ist langweilig, mühsam, spröde und langwierig. Und wer mag das schon, und wer glaubt das heute noch? Im aufziehenden Wassermannzeitalter ist Erde doch völlig "out" und Luft ist "in", während sich Feuer und Wasser das Mittelfeld teilen.

Früher, das ist richtig, da musste man hart für sein Geld arbeiten, man musste es sich schwer verdienen. Inzwischen ist das längst nicht mehr so selbstverständlich. Wenn man sieht, wie viele frischgebackene Millionäre der neue Kapitalismus der 90er Jahre hervorgebracht hat, die einfach nur hemmungslos an der Börse zockten oder für viel Geld eine windige dot.com Firma am Neuen Markt herausbrachten, deren ganze "Substanz" gerade mal aus einem Telefonanschluss und einer attraktiven Internetadresse bestand; oder wenn man erfährt, dass man nur einmal bei Big Brother dabei sein muss, um finanziell aus dem Schneider zu sein, dann fragt sich natürlich mancher, der sein Geld hart erarbeitet, ob er nicht irgend etwas falsch verstanden oder etwas wichtiges übersehen hat. Und deshalb ist der Glaube, dass man statt hart zu arbeiten (Erde) mit der richtigen Idee und genügend Pfiffigkeit (Luft), als Risikospieler und Spekulant (Feuer) oder mit Phantasie und Wunschdenken (Wasser) über Nacht reich werden kann, heute verbreiteter denn je. Nicht, dass solche Möglichkeiten grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Natürlich gibt es immer wieder Ausnahmen von der Regel, und natürlich ist es völlig legitim, sie auszuprobieren. Doch sollte man sich dabei stets vor Augen halten, dass man dabei auf die Ausnahme setzt, nicht auf die Regel. Nichts spricht dagegen, sich mal für klüger als andere zu halten (Luft). Wenn man sich aber stets für klüger als alle anderen hält, wird es sehr gefährlich. Solche Selbstgefälligkeit muss man oft mit heftigen Demutsübungen büßen. Und natürlich darf man auch mal kräftig mitzocken. Aber man sollte dabei nicht die Augen für die Realität verlieren. Wenn ein Goldrausch ausbricht, sei es in Sacramento oder am Neuen Markt der Börse, machen sofort alle Glücksritter mobil (Feuer), und Geschichten von sagenhaften Gewinnen überschlagen sich und werden heiß gehandelt. Die einzigen aber, die in Goldgräberzeiten ganz sicher ein Vermögen verdienen, sind die Händler, die die Ausrüstungen verkaufen. Die vom Schweizer Levi Strauss kreierte Goldgräberhose brachte ihm im 19. Jahrhundert ein sagenhaftes Vermögen von 1,5 Millionen Golddollar ein und entwickelte sich inzwischen als Blue Jeans zu einem der meistgetragenen Kleidungsstücke der Welt. Und es ist auch nicht auszuschließen, dass der eine oder andere schon mit Wunschdenken reich geworden ist (Wasser), aber eine Regel sollte man daraus besser nicht ableiten. So förderlich eine positive Einstellung auch ist, wer allein durch Wunschdenken - selbst wenn er es positives Denken nennt - sein Konto sanieren will, wird höchst wahrscheinlich sehr unsanft mit der harten Wirklichkeit konfrontiert. Das soll nicht heißen, dass es in der Welt der Finanzen allein auf das Element Erde ankommt. Natürlich gehören zu einem erfolgreichen Umgang mit Geld eine gute Nase und eine Vision (Wasser), die richtige Idee und die Cleverness (Luft), sowie der Wille und die Bereitschaft, etwas zu riskieren (Feuer). Aber das alles bringt am langen Ende nichts, wenn die Erde und damit die Tat, die Wirklichkeitsnähe und das Durchstehvermögen fehlen. Im Tarot sind es vier Münzkarten der Kleinen Arkana, die den Weg vom Mangel zur Fülle zeigen. In ihnen lassen sich leicht die Qualitäten der vier Elemente erkennen:

Mangel
Bereitschaft zu geben und zu nehmen
WASSER

Geduld und Beharrlichkeit
ERDE


Neue Ideen umsetzen
LUFT

die Gunst des Augenblick nutzen
FEUER

Fülle

Ich wünsche Ihnen die richtige Idee, eine gute Nase, Beharrlichkeit,
viel Glück und Erfolg auf dem Weg in eine goldene Zukunft.

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